Ein römisches Landgut
Römische Landgüter in den germanischen und gallischen Provinzen unterschieden sich grundsätzlich von den Gebäuden in Italien und waren meistens als Porticusvillen mit zwei Eckgebäuden ausgeführt. Zwischen den Eckgebäuden, hier befanden sich die Wohn- und Arbeitsräume des Hausherrn und seiner Familie, lag der Porticus mit einem zugänglichen offenen Säulengang.
Porticusvillen sind der bekannteste Bautyp, der oft bei mittelgroßen Villenbauten anzutreffen ist.
Beim Bau einer Neuanlage wurde der Standort sorgfältig ausgewählt. Der Boden sollte sehr fruchtbar sein und die Nähe zu einer Quelle oder einem sauberen Bachlauf war nötig. Das Gelände sollte leicht abfallen, damit es trockene und feuchtere Lagen gab in unmittelbarer Umgebung des Hofes. Fachberater, die sogenannten Seher, wurden vor dem Bau der Anlage herangezogen. Diese prüften den Boden, das Wasser und vor der Grundsteinlegung den Vogelflug, ob es negative Einflüsse der Gegend auf die Landwirtschaft gab. Das Gelände einer Villa konnte mit Hecken, Mauern und sogar Gräben umfriedet sein. Dies fand man öfters in den Randgebieten des Reiches und man bezeichnete diese auch als Wehrgehöfte. Bei den meisten Ausgrabungen wurden jedoch keine Hofumwehrungen ausgemacht.
Villa Rustica in Mehring/Rheinland Pfalz, Foto (c) Josef Lachauer
Villa Rustica in Mehring/Rheinland Pfalz, Foto (c) Josef Lachauer
Eine Umfriedung schloss den Villenbereich neben Wirtschaftsgebäuden ein. Innerhalb dieses Areals konnten sich neben weiteren Wohngebäuden und Stallungen auch ein Brunnen, ein Dreschplatz, eine Schmiede, ein Bereich zum Mahlen und falls nötig eine Darre zum Trocknen von Getreide, sowie ein Zier- und ein Kräutergarten befinden. Der Kräutergarten war ebenso bestückt wie heutzutage – stammten die meisten Kräuter doch aus dem Mittelmeergebiet. Je nach Größe der Villa gab es auch eine Teichanlage. Obstgärten wurden zur Zierde angelegt, nicht unbedingt zur Selbstversorgung mit Obst.
Villa Rustica in Mehring/Rheinland Pfalz, Foto (c) Josef Lachauer
Was in unserem Klima keine Erträge brachte wurde herangeschafft. Kein Römer wollte zum Beispiel auf Datteln, Feigen, Oliven, Olivenöl, Wein, Gewürze (z.B. Pfeffer) oder Garum verzichten. Garum, auch Liquamen genannt, war das Standartgewürz in der antiken Küche. Es entstand dadurch, dass man nicht ausgenommene Meeresfische in eine Salzlake einlegte und in speziellen offenen Becken monatelang der Sonne aussetzte. Das fertige Gemisch wurde ausgepresst und so lange gefiltert, bis eine bernsteinfarbige Flüssigkeit entstand. Diese Würzsoße (Fischsoße) wurde für salzige, aber auch süße Speisen verwendet.
Größere Villen verfügten meistens über beheizbare Baderäume oder ein Badehaus. Einige Räume in den Villen besaßen eine Fußbodenheizung mit gefliestem Fußboden und wiesen sogar einen Kellerraum auf. Manchmal befand sich auf dem Villengelände auch ein kleiner Tempel. Sehr luxuriös ausgestattete Gebäude mit Mosaikfußboden und aufwändigen Wandmalereien wurden meistens von der römischen Oberschicht errichtet. Spezielle Handwerker, die diesen Beruf im römischen Reich ausübten, wurden mit dieser Arbeit beauftragt.
Villa Romana del Casale – Piazza Armerina Enna – Sizilien – Foto (c) K.P. Horack
In vielen Villen nördlich der Alpen wurde Fensterglas gefunden. Es ist bekannt, dass die Fertigung von Glas bereits im ersten Jahrhundert n.Chr. einen Aufschwung erlebte und der Preis für einfaches Glas für weite Kreise erschwinglich wurde. Kaiser Tiberius (42 v. Chr. bis 37 n. Chr.) ließ zum Beispiel Gewächshäuser aus Glas (lapis specularis) errichten, um dort seine geliebten Gurken zu ziehen.
Villa Urbana in Longuich/Rheinland Pfalz, Foto (c) Josef Lachauer
Villa Urbana in Longuich/Rheinland Pfalz, Foto (c) Josef Lachauer
Der Besitzer (Hausherr) einer mittelgroßen Villa war oft ein aus dem Militärdienst ausgeschiedener Veteran, der innerhalb der provinzialen Infrastruktur mit seinem Landgut meistens Versorgungsaufgaben für nahegelegene Städte oder militärische Standorte übernahm, indem er den erwirtschafteten Überschuss auf dem Markt verkaufte oder an das Militär lieferte. Neben dem Hausherren lebten hier noch seine Familie, Arbeiter und Sklaven. Die administrative Arbeit übernahm der Hausherr persönlich oder übertrug dies einem Verwalter. Meistens einem Sklaven seines Vertrauens. Die meisten Besitzer blieben, wenn es sich um eine größere Anlage handelte, ihrem Anwesen fern und es war nicht unüblich, das Villenareal in mehrere Parzellen aufzuteilen und diese an freie Bauern zu verpachten.
Je nach Region, der Bodenbeschaffenheit und der wirtschaftlichen Ausrichtung wurden in den Provinzen andere landwirtschaftliche Produkte angebaut als im milderen Mittelmeerklima. Durch die bedeutend strengeren Wintermonate nördlich der Alpen wurde zum Beispiel statt Weizen vermehrt Gerste, Dinkel oder Roggen geerntet. Beim Gemüse gab es Unterscheidungen zur heutigen Zeit. So gab es keine Tomaten, Kartoffeln, Paprika, Mais oder grüne Bohnen. Man kultivierte aber die einheimischen, mediterranen oder asiatischen Pflanzen wie die mitgebrachten Zwiebeln, Knoblauch, Porree oder Spargel. Hülsenfrüchte wie Erbsen und weiße Bohnen waren wichtig für die Eiweißversorgung. Als Zug- und Transporttiere wurden Ochsen, Esel und Maultiere gehalten. Das bei den Römern beliebte Fleisch lieferten Schweine, Schafe und Ziegen. Letztere dienten auch zur Käseproduktion, da Milch kaum getrunken wurde. Dazu kam das Federvieh, das den Gutshof bevölkerte. Neben eingedickten Obstsaft aus Äpfeln und Birnen war noch der Honig als Süßmacher wichtig. Aber nicht jeder Hof betrieb aktive Imkerei, da dies ein Fachgebiet für Spezialisten war.
Durch archäologische Ausgrabungen sind viele Villenstandort bekannt. Allein im heutigen Deutschland sind mehrere tausend Anlagen entdeckt worden. Die Größe variiert dabei zwischen den einfachen Villen bis hin zu sehr großen Gutshöfen.