Legio II Italica – Der Ort Lauriacum

Das keltische Königreich Noricum, geografisch vom Inn bis an den Plattensee gelegen, wird im Jahr 15. vor Christus friedlich von Rom besetzt. Die Donau wird nun Grenzstrom des römischen Reiches. Unter Kaiser Claudius (41 – 54 n. Chr.) erhält Noricum den Status einer kaiserlichen Provinz mit einem Statthalter. Römische Truppenkontingente werden aber in Noricum nicht stationiert. Das norische Provinzheer besteht nur aus Hilfstruppeneinheiten. Erst während der Markomannenkriege gegen Ende des zweiten Jahrhunderts n. Chr. wird die neu gegründete Legio II Italica an die Donau kommandiert. Diese baut erst in Weiler Albing (NÖ), dann in Lauriacum (Enns/Lorch, OÖ) ihr Standlager. Anhand von Funden wird aber vermutet, dass erst Anfang des 3. Jh. der Neubau eines Legionslagers in Albing begonnen wurde. Dieser wurde aber nie vollendet und die Legion verblieb in Lauriacum.

Lauriacum Legionslager
Lauriacum Legionslager

Vor der Verlegung der Legion nach Lauriacum mit ca. 6.000 Mann war es nur ein kleiner Ort am Zusammenfluss des aus den Alpen kommenden Enns-Flusses (Anisus oder Anisa) und der Donau. Hier errichtet die Legion ein Standlager mit dem Grundriss in Form eines Parallelogramms mit einer Länge von 539 m und einer Breite von 398 m. Geschützt wurde das Lager (mit vier Toranlagen) durch eine hohe Umfassungsmauer und 26 Zwischentürmen und einem vorgelagerten Graben.

Nun war Lauriacum der wichtigste militärische Stützpunkt an der norischen Donau zwischen Innmündung und Wienerwald und zeitweiliger Amtssitz des norischen Provinzlegaten. (Der Kommandant der Legio II Italica wird automatisch Statthalter der Provinz Noricum). Die neben dem Legionslager entstehende Zivilsiedlung erhält unter Kaiser Caracalla (211 – 217 n Chr.) den Rang eines Munizipiums. Unter Kaiser Diocletian (284 – 305 n. Chr.) wird Noricum in eine nördliche Provinz Noricum ripensis und eine südliche Provinz Noricum mediterraneum geteilt. Die Legio II Italica verbleibt in Noricum ripensis (Ufernoricum). Als Verstärkung wird die neu aufgestellte Legion Legio I Noricorum in Favianis (Mautern) stationiert, so dass Ufernoricum zu einer Zweilegionenprovinz erhoben wird. Lauriacum behält die Position als Kommandostandort des nun dem Ritterstand angehörigen neuen Militärprovinzkommandanten, welcher den Titel dux führt. Unter Kaiser Constantinus I. (306 – 337 n. Chr.) erfährt auch der Legionsstandort Lauriacum bei der Umstruktuierung der Grenzheere eine Schwächung beim Personalstand. 341 und 378 n Chr. ist Lauriacum Aufenthaltsort der römischen Kaiser Constantius II. bzw. Gratian.

Die Reste der ältesten zivilen Siedlung von Lauriacum sind seit der Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt. Hier konnten verschieden Wohnbauten entdeckt werden. In den Grundrisskonzepten gehören sie in den Zeitraum des 1. Jhd. n. Chr. Während des 2. Jahrhunderts hat sich diese Siedlung allmählich entlang der Limesstraße nach Westen hin ausgedehnt. Die teilweise schon im 2. Jh. aufwendig mit Wandmalereien verzierten Wohnbauten werden bis in das 4. Jh. genutzt, jedoch gegen dessen Ende verlassen. Im 5. Jh. werden die Toten in und um die Ruinen bestattet.

Durch die Verlegung der Legio II Italica entsteht gemeinsam mit dem Legionslager eine neue Siedlung. Lauriacum ist der einzige römische Ort in Noricum, aus dessen Boden Bruchstücke einer bronzenen Stadtrechtsurkunde bekannt geworden sind. Somit wird auch das neugegründete Munizipium Lauriacum aus dem militärischen Verwaltungsbereich ausgegliedert, hat aber keine eigene Stadtbefestigung. Gegen Ende des 4. Jh. beginnt eine Epoche der allgemeinen Verarmung. Nur noch einzelne Häuser bzw. Räume sind bewohnt. Die Bevölkerungszahl nimmt ab und auch Truppenteile aus dem Legionslager werden wegkommandiert. Es erfolgt nun eine rege Bautätigkeit ziviler Gebäude im Legionslager selbst. Im 5. Jh. sind die alten Wohnviertel rund um das Legionslager verlassen und verfallen. Hinter den Legionsmauern leben auch nach den Abzug der Truppen 488 n. Chr. noch Menschen. Das Legionslager hat sich in einen Bischofssitz gewandelt. Jüngste Grabungen zeigen anhand des Fundmaterials, dass eine ungebrochene Besiedelung bis in das frühe Mittelalter bestanden hat.